Solidarität mit den Betroffenen der Rondenbarg-Prozesse
Hamburg, 2017. Für den G20 Gipfel wird ein Großteil der Stadt fast schon militärisch abgesichert. Sicherheitszonen, Demonstrations- und Versammlungsverbote und hunderttausende an Sicherheitskräften von Streifenbullen bis hin zu Militär. Schon Monate davor begann die mediale Hetze, bei der jeglicher Protest kriminalisiert und als illegitim dargestellt wurde. Nicht zuletzt wurde von Seiten der Sicherheitsbehörden der „Bullenschups Paragraph“ durchgedrückt, der den Demonstrant*innen jede Form von Handlungsspielraum nehmen sollte.
Heute, sieben Jahre später, sitzen 86 Genoss*innen vor Gericht, die bei einer Demonstration in der „Rondenbarg“ Straße teilgenommen haben, die von der Polizei eingekesselt und unter massiver Gewaltanwendung aufgelöst wurde. Das Besondere daran: Hier sind Aktivist*innen wegen ihrer bloßen Teilhabe an einer Versammlung angeklagt, und nicht etwa aufgrund individueller Tatvorwürfe. Die Staatsanwaltschaft nennt es „Mittäterschaft“. Der Staat hat auch nach sieben Jahren ein Interesse daran, die Angeklagten zu verurteilen. Hierbei geht es nicht um die individuellen Verurteilungen oder die konkreten Strafen. Mit dem zu erwarteten Urteil soll ein Präzedenzfall geschaffen werden, der für uns als linke Bewegung in Zukunft Folgen haben wird. Denn damit wird kollektives selbstbestimmtes Auftreten in der Öffentlichkeit zur Straftat erklärt. Der Rondenbarg-Prozess ist Anlass zum Aufschrei und wäre auch schon alleine Anlass unsere Kräfte zu bündeln, um uns zu wehren. Doch er steht nicht losgelöst von einer gesamtpolitischen Entwicklung, in der sich Repressionen häufen. Absurde Auflagen wie vorgegebene Transpi- oder Fahnenstangenlängen auf Protesten sind uns nicht fremd. Dazu kommt eine ständige Überwachung, zum Beispiel durch Staatstrojaner, Funkzellenabfragen, Observationen und Hausdurchsuchungen. Auch die Fußballszene steht immer wieder unter Verdacht als Gesamte gewalttätig zu sein und ist den gleichen Repressionsorganen ausgesetzt. Bei Angriffen von Seiten der Polizei werden oft neue Strategien getestet, um die Fans festzusetzen, zu verhaften und zu verurteilen. Funktionieren die Strategien, werden sie anschließend auf politischen Protesten weiter genutzt.
Diese Angriffe von Seiten des kapitalistischen Staates sind im Kontext der Krisen zu betrachten. Steigende Lebensmittelpreise, Reallohnverluste, marodes Gesundheitssystem, Mietpreisexplosion, Klimakatastrophe. Anders gesagt: die Widersprüche im Kapitalismus spitzen sich zu! Lösungen im Sinne unserer Klasse haben die Herrschenden keine. Ihre Antworten sind stattdessen äußere und innere Aufrüstung. Die EU wird mehr und mehr abgeschottet und es wird Kriegstüchtigkeit angepriesen. Zeitgleich werden linke Bewegungen kriminalisiert, woraus auch die Angriffe auf unsere Versammlungsfreiheit, auf selbstbestimmten Protest und auf unsere Privatsphäre folgen. Weil die Herrschenden genau wissen, dass die eigentlichen Lösungen für ihre Krisen ihre Macht bedrohen, wird mit aller Härte gegen jene vorgegangen, die das System ernsthaft infrage stellen. Ihre Repression soll abschrecken, zermürben und spalten. Sie ist eine kontinuierlich angewandte Strategie des kapitalistischen Staates, um seine Macht aufrechtzuerhalten und das Kapital zu schützen. Wir müssen uns als Linke gegen diese Repression zur Wehr setzen und zwar nicht nur dann, wenn wir auf konkrete Fälle reagieren, sondern immer und überall.
Wir stehen solidarisch zusammen, egal ob wir auf der Straße massiver Polizeigewalt ausgesetzt sind oder vor Gericht stehen. Unsere Solidarität endet nicht, wenn der Staat sein Urteil fällt.
Es ist unsere Aufgabe Gegenmacht gegen die Herrschenden aufzubauen und Strategien und Perspektiven zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur darum, unseren Protest auch in Zukunft selbstbestimmt auf die Straße zu tragen, sondern darum klare Perspektiven gegen den Kapitalismus aufzuzeigen und die linke und revolutionäre Bewegung auszubauen.
Mit dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht sind zwei der höchsten bürgerlichen Gerichte sind in Karlsruhe angesiedelt. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Genoss*innen aus der ganzen Republik vor den Bundesgerichtshof gezerrt um diese in Untersuchungshaft stecken zu können oder in Revision Prozessen zu verurteilen. Dies ist nur ein Grund auch hier gegen die Verschärfung der Versammlungsfeinheit auf die Straße zu gehen.
Aktuell finden in Baden-Württemberg mehrere große Verfahren gegen Genoss*innen statt. In diesen spielt der Vorwurf der Mittäterschaft eine zentrale Rolle.
Wir sehen es als eine Aufgabe der gesamten linken Bewegung an, sich mit den Verschärfungen des Versammlungsrechtes auseinanderzusetzen und sich dagegen zu wehren.
Kommt deswegen am 24.08.24 um 15 Uhr auf den Friedrichsplatz.
Versammlungsfreiheit verteidigen – Gegenmacht aufbauen!