Berlin: Demonstration gegen Repression am 28. November

Im Zuge des dezentralen Aktionstages der Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ zum Auftakt der Massenprozesse zu den G20-Protesten am Rondenbarg wird es am 28. November 2020 eine Demonstration gegen Repression in Berlin geben.

Samstag | 28. November 2020 | 15 Uhr | Spreewaldplatz | Berlin

 

Solidarität mit den Betroffenen

Ein weiterer G20-Gruppenprozess beginnt: Im Zuge der Anklagen gegen bundesweit über 80 Demonstrant*innen, die im Sommer 2017 gegen den Gipfel auf der Straße waren, werden als erstes die fünf jüngsten Aktivist*innen vor das Hamburger Landgericht gezerrt. Das sogenannte „Rondenbarg“-Verfahren beginnt am 3. Dezember und wird sich über mehrere Monate bis hin zu Jahren ziehen. Die Argumentation der Staatsanwaltschaft wegen bloßer Anwesenheit haftbar gemacht zu werden, ist ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit aller. Aufgrund ihres Alters, sie waren damals noch unter 18 Jahre, ist keine Öffentlichkeit im Saal zugelassen. Umso wichtiger, dass wir diese außerhalb des Gerichts schaffen! Lasst uns Druck machen!

Deshalb rufen wir – im Rahmen der bundesweiten Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ – am dezentralen Aktionstag, dem Samstag vor dem ersten Prozesstermin, in Berlin zu einer Anti-Repressions-Demo auf.

Wir alle kennen Repression. Gerade die vergangenen Monate waren von tiefen Repressionsschlägen gegen linke Bewegungen gezeichnet. Wir kennen ihre Gewalt.

Wir waren zusammen in Hamburg.
Wir waren aus guten Gründen da.
Wir können die Repression nur gemeinsam verhindern!

Kommt zur Demo! Bringt eure Freund*innen, Genoss*innen und Nachbar*innen mit! Auch weitere Aktionen sind willkommen. Schickt uns gern Berichte und Bilder zum Veröffentlichen an gemeinschaftlich[at]riseup.net.

In Solidarität mit allen emanzipatorischen Kämpfen!
Alle Verfahren stoppen!
Freiheit für die Gefangenen!
United We Stand!

Gemeint sind wir alle

Mit den Rondenbarg-Verfahren soll eine Kollektivschuld etabliert werden. Die bloße Anwesenheit bei einer Demonstration reicht aus, die Aktivist*innen anzuklagen. Sie werden keiner eigenen, individuell zugeordneten Handlung beschuldigt. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Hamburg werden mit einer „gemeinschaftlichen Tat“ begründet. Verurteilungen werden die Versammlungsfreiheit daher massiv einschränken, da dann die einfache Teilnahme an einer Demonstration als Straftat ausgelegt werden kann. Dieses Konstrukt der „psychischen Beihilfe“ auf Demonstrationen wurde teilweise im Urteil gegen G20-Gegner*innen am 10. Juli 2020 im Elbchaussee-Prozess durchgesetzt. Bereits das Verbot der bedeutenden Diskussionsplattform der linken Bewegung, „Indymedia Linksunten“, und die auf den G20-Gipfel folgenden Öffentlichkeitsfahndungen – eine der größten in der Geschichte der BRD, bei denen über 400 Menschen ohne gesicherten Straftatverdacht an den Pranger gestellt wurden – griffen tief in Grundrechte ein und sollen Menschen einschüchtern. Die aktuellen Hausdurchsuchungen und Anklagen nach Paragraph 129 des Strafgesetzbuches „Bildung krimineller Vereinigungen“ gegen vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbaus und der zusätzlichen Konstruktion eines G20-Zusammenhangs bei den Durchsuchungen im September in Berlin und Athen sind ein erneuter harter Schlag und dienen insbesondere der Ausspähung linker Strukturen. Die Durchsuchungen bei Aktivist*innen in Frankfurt am Main und der Räumlichkeiten des dortigen AStAs diesen Sommer wurden sogar mit dem Verdacht der „Bildung terroristischer Vereinigungen“ (Paragraph 129a) begründet.

Bewegungen und deren Versuche und Perspektiven einer anderen gesellschaftlichen Organisierung, in der alle ein schönes Leben führen können, sollen zermürbt werden – fürs Kapital und die Erhaltung der Machtverhältnisse. Damit wir nicht wieder zu Zehntausenden auf die Straße gehen.

Wir sollen weiterhin mit Klatschen, lächerlichen Prämien oder restriktiven Sozialleistungen abgespeist werden. Nichtauszahlung von Löhnen wie durch „insolvent gegangene“ Tochterfirmen bei der „Mall of Berlin“ oder unbezahlte Überstunden werden weiterhin ermöglicht und Arbeitsrechte ausgehöhlt. Menschen werden massenhaft zwangsgeräumt und jene auf der Straße kontrolliert und verjagt. In Berlin sind akut mehrere Kieztreffpunkte, Hausprojekte und Kneipen gefährdet. Das Camp von vorwiegend aus Osteuropa kommenden Arbeiter*innen und die Wagenburg „Sabotgarden“ in der Rummelsburger Bucht, das Jugendzentrum Drugstore, das Syndikat und die Liebig 34 wurden bereits geräumt. Antifaschistischen Organisationen wie der von Holocaust-Überlebenden gegründeten VVN-BdA wird die Gemeinnützigkeit entzogen und Nazi-Strukturen gedeckt. Hierin reihen sich auch die Hausdurchsuchungen, Anklagen, Verhaftungen und DNA-Abnahmen bei Antifaschist*innen in Baden-Württemberg und in Leipzig diesen Sommer ein, wobei ebenfalls wieder der Paragraph 129 ins Spiel gebracht wird. Rechtsextreme und rassistische Anschlagsserien wie in Neukölln werden nicht aufgeklärt und paramilitärische, faschistische Netzwerke agieren weiter. Der Mord an Ferhat Mayouf, der am 23. Juli 2020 in einer Zelle im Knast Moabit verbrannte während die Schließer*innen seine Hilfe-Schreie solange ignorierten bis er verstummte, wird wieder einmal zum Suizid erklärt. An den Grenzen wird die Militarisierung vorangetrieben und Rüstungsexporte gesteigert, wobei die BRD schon lange zu den größten Rüstungsexporteuren der Welt gehört. Autoritäre Staaten wie die Türkei und ihr Angriffskrieg gegen die demokratische Selbstverwaltung in Rojava werden mit Waffenlieferungen unterstützt, Bundeswehrkriegseinsätze wie in Mali verstärkt. Das Recht auf Asyl wird indes kontinuierlich gestutzt und Sammelabschiebungen finden ungeachtet der Pandemie weiter statt. Linke internationale Genoss*innen, insbesondere aus der Türkei und Kurdistan, werden in der BRD zudem strafrechtlich verfolgt, wie jüngst im Urteil zum TKP-ML-Prozess im Juli 2020 wieder einmal deutlich wurde.

All das, um die kapitalistischen Eigentums- und Produktionsverhältnisse zu schützen – ein System, das auf der Auspressung unserer Arbeitskraft für den Reichtum weniger basiert, dabei die Natur zerstört, Rassismus und Sexismus fördert und verteidigt – und zur Durchsetzung dieser Interessen täglich Menschen umbringt.

Gegen ihre politischen Gerichtsprozesse und Verurteilungen!
Alle gemeinsam gegen Polizeigewalt und Repression!
Für eine befreite und solidarische Gesellschaft ohne Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat!

Hintergrund zum „Rondenbarg“

Im Zuge der G20-Gegenproteste in Hamburg wurde am Freitagmorgen, den 7. Juli 2017, ein Demonstrationszug auf der Straße Rondenbarg in Hamburg von der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Blumberg der Bundespolizei brutal zerschlagen, wobei 14 Personen mit teilweise bleibenden Schäden verletzt und weitere 59 festgenommen wurden. An sexistischen Sprüchen wie „Das ist euer Frühstück, ihr Antifa-F***“ mangelte es während der Prügel nicht. Fabio V. saß damals fünf Monate in U-Haft, bis sein Prozess vorerst geplatzt ist. Bundesweit haben im vergangenen Jahr über 80 Demonstrant*innen Anklagen erhalten. Aufgeteilt in acht Verfahrensgruppen werden ihnen mehrere Straftaten wie schwerer Landfriedensbruch, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, versuchte gefährliche Körperverletzung und Bildung bewaffneter Gruppen vorgeworfen. Mehrjährige Haftstrafen stehen im Raum. In Form eines „Pilotverfahrens“ werden nun die fünf jüngsten Demonstrant*innen aus der 19er-Jugendgruppe demnächst in Hamburg wöchentlich vor Gericht erscheinen müssen. Der leitende Richter Georg Halbach ist bekannt für harte Urteile gegen Hausbesetzer*innen und milde Bewährungsstrafen gegen Gruppenvergewaltiger. Hinzu kommt, dass einige der Strafgesetze, die bei den Rondenbarg-Verfahren eine Rolle spielen, erst kurz vor dem G20-Gipfel verschärft wurden und seither massenhaft gegen soziale Bewegungen genutzt werden – sei es beim Kampf gegen Verdrängung, bei Aktionen gegen faschistische und antifeministische Aufmärsche, beim Widerstand gegen Abschiebungen, bei Blockaden von Rüstungsexporten oder Besetzungen von Kohlegruben.

Zeigen wir, was gemeinschaftlich widerständig bedeutet!

Berliner Teil der Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“

Demonstration gegen Repression
zum Auftakt der Massenprozesse zu den G20-Protesten am Rondenbarg

Samstag | 28. November 2020 | 15 Uhr | Spreewaldplatz | Berlin


Demonstration against repression on November 28, 2020 in Berlin

As part of the decentralized actionday of the “Collective Resistance Campaign” at the start of the mass-trials against the G20-protests at ‘Rondenbarg’, there will be a demo against repression in Berlin.

Saturday | November 28, 2020 | 3 p.m. | Spreewaldplatz | Berlin

Solidarity with those accused!

Another G20 group-process begins: In the context of the indictments against more than 80 demonstrator*s across Germany who were on the streets against the G20-summit in Hamburg in July 2017, the five youngest activist*s are the first to be dragged to the land court of Hamburg. The so-called “Rondenbarg” process begins on December 3rd and will last several months up to years. The prosecution’s reasoning of being held liable for mere presence is an attack on the general freedom of assembly of all. Because of their age (they were under 18 at the time) no public is allowed in the courtroom. All the more important that we create it outside! Let us make pressure against it!

That’s why we are calling for an anti-repression demo in Berlin on the decentralized day of action, the Saturday before the first trial date, as part of the nationwide “Collective Resistance” campaign.

We all know repression. Especially the past months were marked by deep repressive strikes against leftist movements. We know their violence.

We were together in Hamburg.
We were there for good reasons.
We can only stop the repression together!

Come to the demo! Bring your friends, comrades and neighbors! Also further actions are welcome. Please send us reports and pictures for publishing to gemeinschaftlich[at]riseup.net.

In solidarity with all emancipatory struggles!
Stop all proceedings!
Freedom for the prisoners!
United We Stand!

Meant are we all

The “Rondenbarg”-procedure is intended to establish collective guilt: The mere presence at a demonstration is sufficient to accuse the activists. They are not accused of personal, individually assigned actions. The accusations are based on a “collective act”. Condemnations will therefore massively restrict the freedom of assembly, since simply participating in a demonstration can then be interpreted as a criminal offense. This construct of “psychological support” on demonstrations was partially enforced in the judgment against G20 opponent*s on 10 July 2020 in the so called “Elbchaussee”-trial. Already the ban of the important discussion platform “Indymedia Linksunten” of the left-wing movement and the public searches that followed the G20 summit – one of the largest in the history of the federal german republic, in which more than 400 people were pilloried without any confirmed suspicion of crime – had a deep impact into fundamental rights and were intended to intimidate people. The current search warrants and accusations based on article 129 “Formation of Criminal Associations” of the penal code against alleged members of “Roter Aufbau” and the additional construction of a G20 connection to house searches in Berlin and Athens in September are another hard attac and serve in particular to spy out left structures. The searching in houses of activists in Frankfurt am Main and of the AStA (student organization) there this summer were even justified with the suspicion of “forming terrorist groups” (article 129a).

Movements and their attempts and perspectives of a different social organization, in which everyone can have a good life, shall be worn down – for the capital and the maintaining of power. So that we don’t go out on the streets by tens of thousands again.

To be fobbed off with clapping, ridiculous bonuses or restrictive social benefits. Non-payment of wages as by “insolvent” subsidiaries at the “Mall of Berlin” or unpaid overtime are still possible and labor rights are undermined. People are being evicted en masse and those on the streets are being controlled and chased away. Many neighborhood meeting places, house projects and pubs are acutely endangered in Berlin. The camp of worker*s mainly coming from Eastern Europe and the wagon commune “Sabotgarden” in the Rummelsburger Bucht, the youth center Drugstore, Syndikat and Liebig 34 have already been evicted. Anti-fascist organizations such as the VVN-BdA, founded by Holocaust survivors, are deprived of their non-profit status. Nazi structures are covered. Furthermore, antifascist are facing house warrants, charges, arrests and DNA-takings like in Baden-Württemberg and Leipzig this summer, whereby article 129 is brought into play again. Right-wing extremists and racist series of attacks like in Neukölln, however, are not to be cleared up and paramilitary, fascist networks continue to operate. The murder of Ferhat Mayouf, who burned in a cell in Moabit prison on July 23, 2020 while the jail gards ignored his cries for help until he fell silent, is once again declared a suicide. At the borders, militarization is pushed forward and arms exports are increased, whereby Germany is one of the largest arms exporters in the world for long time. Authoritarian states such as Turkey and its war of aggression against the democratic self-administration in Rojava are supported with arms deliveries, and Bundeswehr war missions like in Mali are intensified. The right to asylum is continually being curtailed and collective deportations continue to take place regardless of the pandemic. Left-wing international comrades, especially from Turkey and Kurdistan, are being prosecuted in Germany, as was recently pointed out again in the verdict on the TKP-ML trial in July 2020.

All of this to protect capitalist property and relations of production – a system based on squeezing our labor for the wealth of a few, destroying nature, promoting and defending racism and sexism – and killing people every day to enforce these interests.

Against their political trials and condemnations!
All together against police violence and repression!
For a liberated and solidary society without capitalism, racism and patriarchy!

Background informations about “Rondenbarg”

In the context of the protest against the G20-summit in Hamburg on Friday morning, the 6th of, 2017, a demonstration on the street ‚Rondenbarg‘ in Hamburg was brutally smashed by the Federal Police’s Evidence and Arrest Unit (BFE) Blumberg, with 14 persons heavily injured, some of them permanently, and another 59 arrested. There was no lack of sexist slogans like “That’s your breakfast, you antifa-F***” during the beating. Fabio V., one of the demonstrator*s, spent five months in custody until his trial got interrupted. During the past year, more than 80 demonstrator*s have received charges. Divided into eight procedural groups, they are accused of several crimes, such as serious breach of the peace, assault on law enforcement officers, attempted dangerous bodilyinnjury and formation of armed groups. They are facing prison sentences of several years. In form of a “pilot trial”, the five youngest demonstrator*s from the youth group will soon have to show up in court in Hamburg every week. The leading judge Georg Halbach is known for harsh sentences against squatters* and mild suspended sentences against group rapists. In addition, some of the penal laws that play a role in the Rondenbarg proceedings were only tightened shortly before the G20 summit and have since been used en masse against social movements – be it in the fight against gentrification, in actions against fascist and anti-feminist marches, in resistance to deportations, in blockades of arms exports or occupations of coal mines.

Let us show what collective resistance means!

Berlin part of the “Collective Resistance” campaign

Demonstration against repression
at the start of the mass trials against G20-protests at “Rondenbarg”

Saturday | November 28, 2020 | 3 p.m. | Spreewaldplatz | Berlin